Stadt-Palais



Im Sprachgebrauch wird das älteste Haus Staßfurts ‚Bürgermeisterhaus’ oder auch ‚Theater’ genannt. Beide Begriffe beruhen auf geschichtlichen Gegebenheiten. So wurde das Haus etwa um 1570/90 von der adligen Pfännerfamilie von Werdensleben errichtet. Diese adlige Familie stellte im 17. Jahrhundert mehrere adlige Bürgermeister. 1682 verstarb der letzte Bürgermeister Vollrath Christoph von Werdensleben ohne weitere Nachkommen. Die Adelsfamilie von Biedersee übernahm das Haus. Auch diese Familie stellte im 18. Jahrhundert mehrere Bürgermeister. Daher entwickelte sich die Bezeichnung ‚Bürgermeisterhaus’.

Mit ‚Theater’ hatte das Gebäude bis dato gar nichts zu tun, bis auf die Tatsache, dass im heutigen Tillysaal einst kleinere Veranstaltungen durchgeführt wurden und es später im Paterrebereich das Theatercafe gab. Historisch richtig wäre die Bezeichnung ‚Palais’, so wie es in den Burgendaten Deutschlands ausgewiesen ist. Das ‚Werdenslebene Palais’ wird als Salzjunkerpalais beschrieben, nicht zuletzt wegen der Entstehungszeit, seines Baustils und der Nutzung durch die adlig reich begüterte Pfännerfamilie.

Das zweigeschossige Haus mit hohem spitzgiebeligen Dach hat zur Straßenseite 17 kleine Fenster. Im ersten Stockwerk befindet sich ein größerer Saal, der heute als Tillysaal bekannt ist. Im Tillysaal verhinderte der Bürgermeister von Werdensleben am 25. Mai 1631, kurz nach der brutalen Zerstörung Magdeburgs durch Tillys und Pappenheims Truppen (20. Mai - 23. Mai 1631), dass auch seine Stadt ‚magdeburgisiert’ wurde. Bei einem üppigen Mahl überredete ihn der Bürgermeister, dass Staßfurt vor einer Vernichtung durch Tilly verschont blieb.

Über der Eingangstür des Palais sind heute noch die Wappen der Familien von Biedersee und von Schladen zu erkennen. Das Gebäude mit dem Saal im Tränenthal wurde 1885 als Bachsches Gesellschaftsbaus mit einer alleinige Nutzung des Gebäudes als Theater. Früher gab es hier ein eigenes Ensemble, heute ist das Salzlandtheater Spielstätte für vielfältige kulturelle Veranstaltungen. Das Theater wird durch den Theater Förderverein erfolgreich betrieben.

Text: Heinz Czerwienski (verst. 2018)